Über die Restaurierung im allgemeinen:

Wenn wir die Situation der Kunstwerke mit dem aus dem menschlichen Leben genommenen Beispiel veranschaulichen möchten, kann die Restaurierung als eine Operation betrachtet werden.

Unsere Ziele sind ähnlich, wir möchten ja einen Gegenstand in schlechtem Zustand von der Vernichtung bewahren, so dass er der Möglichkeiten gemäß seiner ursprünglichen Funktion entspricht. Diese Funktion kann von der praktischen Verwendbarkeit bis der Vermittlung einer visuellen Botschaft aus mehreren Komponenten bestehen. Unsere Aufgabe ist, diese Funktion zu erkennen, und nach unseren Möglichkeiten die Gegenstände in so großem Maß wie möglich zu bewahren. (BILD vor und nach der Restaurierung)

Der Zustand und die derzeitige Situation des Kunstwerks können ebenso die Auswahl der geeignesten Verfahren beeinflussen. Im Fall von eben gebrauchten Gegenständen ist ja das Behalten der ursprünglichen Funktion ein wichtiger Gesichtspunkt, aber museale Gegenstände kommunizieren im allgemeinen nur auf visueller Art mit ihren Besuchern. Falls die Verwendbarkeit des Gegenstands das primäre Ziel ist, wird auch die Durchführung solcher Arbeitsvorgänge wichtig, die bei musealen Gegenständen überflüssig sind (z.B.: strukturelle Befestigungen, Ergänzungen), aber nach visuellem Gesichtspunkt muss in jedem Fall die maximale Bewahrung angestrebt werden. Der Schicksal der im Gebrauch gebliebenen Kunstwerke wird nach einer Zeit dem der im Museen ausgestellten ähnlich, ihr Material veraltet, so können wir nur ihren Anblick bewundern. Deshalb ist es dem Restaurator wichtig, in jedem Fall auch den visuellen Zustand der Gegenstände vor Augen zu halten.

Die Restaurierung ist ein ständig sich dynamisch entwickelndes Fachgebiet mit verhältnismäßig kurzer Vergangenheit. Daraus ergibt sich, dass immer wieder neue Methode oder Materialien entwickelt werden, aber daraus folgt auch die Tatsache, dass es keine praktischen Erfahrungen über die langfristigen Wirkungen dieser Verfahren gibt. Deswegen ist das wichtigste Grundprinzip der Restaurierung die Reversibilität – die Umkehrbarkeit. D.h., dass bei der Auswahl der Materialien und Verfahren beachtet werden soll, dass die angewandten Materialien, die Ergänzungen, Verstärkungen später zurückgelöst und entfernt werden können.

Meine persönlichen Ansichten, mein Arbeitsstil:

Meiner Meinung nach geben die folgenden wichtigen Komponenten die feste Basis der Arbeit eines Restaurators:
–    den gegebenen Gegenstand betreffende herstellungstechnische Kenntnisse
–    an die Materialien des gegebenenen Gegenstandes anknüpfende Materialkenntnis
–    allgemeine Materialkenntnis und allgemeine Kenntnisse in der Chemie
–    Kenntnisse in dem Kunstwerkschutz
–    Vertrautheit mit der visuellen Kultur
–    Offenheit den neuen Kenntnissen gegenüber

Außerdem sind natürlich die praktische Geeignetheit, die im Grunde genommen kunststückfreundliche Einstellung, die Verehrung und Interesse für die Arbeit von anderen Leuten unentbehrlich, und außerdem, denn die Restaurierung keine aktive schaffende Kunst ist, auch eine große fachliche Demut.

Bei der Arbeit streben wir in jedem Fall nach der Erkennung der ursprünglichen Herstellungstechnik, und dann möglicherweise nach deren Verwendung mit der Anwendung der ursprünglichen Grund- und Hilfsmaterialien.

In wohlbegründeten Fällen müssen wir aber davon abweichen, denn wir haben ja mit verletzten, beschädigten Materialien zu tun, deren Eigenschaften und Reaktionen hauptsächlich von den der ursprünglichen abweichen können.

In diesen Fällen verwenden wir neue Produkte, die in der Forschungsentwicklung experimentiert und in der Praxis erfolgreich erprobt wurden.

Bei der Auswahl dieser Produkte ist unser primäre Gesichtspunkt ihre spätere Entfernbarkeit.

Die Anwendung von unentfernbaren Materialien halten wir nur in solchen Fällen unerläßlich, wenn der Gegenstand ohne deren Anwendung zunichte gehen würde, aber mit ihrer Hilfe dieser Vorgang aufgehalten, verlangsamt werden kann.

Denn diese Beschreibung ist allgemeinen Charakters, werden konkrete Fälle nicht geschildert, aber bei unserer Arbeit wird der Auftraggeber in die ähnlichen Entscheidungen hineingezogen, denn die fortlaufende Kontakt und die notwendige Konsultation gehören sehr eng zu unserem Arbeitsstil.

Schließlich halte ich die Frage der Ergänzungen, Ersetzungen, Retuschierungen sehr wichtig. Ihre Anwendung bei der Restaurierung ist in zahlreichen Fällen nötig, aus technischen oder einfach aus ästhetischen Gründen.

In der Hinsicht des Erfolgs der Arbeit sind diese Eingriffe von äußerst großer Bedeutung, denn sie können ja erheblich die von dem Kunststück ursprünglich getragene visuelle Botschaft beeinflussen, und wie ich das schon erwähnt habe, mit diesen Gegenständen kann man in vielen Fällen nur durch visuelle Kommunikation in Kontakt kommen.

Meiner Meinung nach sollten deswegen die verschiedenen Ergänzungen harmonisch zu dem Gegenstand passen, ihre Neulichkeit sollte nicht betont werden, die sehr störend wirken kann, aber sie sollte auch nicht ganz verhüllt werden. (Denn man darf nicht vergessen, dass sich der Gegenstand mit der Zeit verändert hat, beschädigt wurde, und unser Ziel nicht die Verfälschung seiner Vorgeschichte ist, sondern die Förderung der Mitteilung der von ihm getragenen, vielleicht veränderten Botschaft.)